Wenn Personen an psychischen Erkrankungen leiden, kann das nicht nur für die betroffene Person selbst, sondern für das gesamte Umfeld eine Herausforderung sein. Je nach Art und Ausprägung einer psychischen Erkrankung kann sich auch die Frage stellen, wie mit einer psychisch kranken Person als Mieter umzugehen ist. Insbesondere stellt sich die Frage, wann – zum Schutz anderer Mieter eines Hauses und des Vermieters – eine Kündigung psychisch kranker Mieter gerechtfertigt ist.
Strenger Kündigungsschutz im Mietrechtsgesetz
Im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) gilt ein strenger Kündigungsschutz zugunsten des Mieters. Demnach kann ein Bestandverhältnis vom Vermieter grundsätzlich nur bei Vorliegen eines gesetzlichen Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 MRG bzw aus wichtigen Gründen im Sinne des § 1118 ABGB gekündigt werden. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gibt es zwei jüngere Entscheidungen über die Kündigung psychisch kranker Mieter wegen unleidlichen Verhaltens.
Nach der Rechtsprechung setzt eine Kündigung wegen unleidlichen Verhaltens eine Störung des friedlichen Zusammenlebens voraus. Diese muss „durch längere Zeit fortgesetzt [werden] oder sich in häufigen Wiederholungen äußer[n] und überdies nach ihrer Art das bei den besonderen Verhältnissen des einzelnen Falls erfahrungsgemäß geduldete Ausmaß übersteig[en]“. Konkret geht es also um einen oder mehrere Vorfälle, die ein zumutbares Ausmaß übersteigen und objektiv geeignet erscheinen, einem anderen Hausbewohner das Zusammenleben zu verleiden. Auf ein Verschulden des gekündigten Mieters kommt es dabei nicht an.
OGH zur Kündigung psychisch kranker Mieter
Eine geistige Erkrankung wird lediglich im Rahmen einer Interessenabwägung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Bedachtnahme auf die Zukunftsprognose der Erkrankung berücksichtigt. Aus diesen Gründen wurde im Jahr 2019 (10 Ob 19/19w) sowie zuletzt im April 2023 (2 Ob 62/23s) die Kündigung psychisch kranker Mieter wegen unleidlichen Verhaltens vom Obersten Gerichtshof gebilligt.
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Quellen: OGH-Entscheidungen im RIS (10Ob19/19w und 2Ob62/23s)
Hinweis: Dr. Klara Geuer hat die OGH-Entscheidung 2 Ob 62/23s in der Fachzeitschrift immolex als Glosse kommentiert (Zugang erforderlich).