Eine neue Entscheidung des EuGH vom 9. Jänner 2025 zeigt, dass Informationspflichten und berechtigtes Interesse eng verknüpft sind. Das Urteil – ergangen in der Rechtssache C-394/23 – hat sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher weitreichende Konsequenzen. Im Fokus stand die Frage, ob und wie eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig erfolgen kann, insbesondere wenn sie auf das berechtigte Interesse des Verantwortlichen gestützt wird (Art 6 Abs 1 lit f DSGVO).
Ausgangslage: Streit um die Abfrage der Anrede
Gegenstand des Verfahrens war die Praxis eines Unternehmens, bei Online-Ticketbuchungen die Anrede der Kunden abzufragen. Der klagende Verband argumentierte, dass diese Erhebung gegen die Grundsätze der Datenminimierung und Transparenz der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoße. Die zentrale Streitfrage war, ob die Abfrage der Anrede für die Vertragserfüllung erforderlich ist oder auf ein berechtigtes Interesse gestützt werden kann.
Das Urteil des EuGH
Der EuGH entschied, dass die Erhebung der Anrede weder für die Vertragserfüllung nach Art 6 Abs 1 lit b DSGVO noch zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen erforderlich ist. Gleichzeitig nahm das Gericht eine wesentliche Klarstellung hinsichtlich der Informationspflichten vor:
- Informationspflichten nach Art 13 Abs 1 lit d DSGVO: Verantwortliche müssen betroffene Personen transparent darüber informieren, welches berechtigte Interesse die Grundlage für die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten ist. Diese Information muss bereits zum Zeitpunkt der Datenerhebung erfolgen. Informationspflichten und berechtigtes Interesse sind damit verknüpft.
- Rechtmäßigkeit der Verarbeitung: Das Gericht stellte klar, dass die Nichteinhaltung der Informationspflichten dazu führen kann, dass die gesamte Datenverarbeitung rechtswidrig wird. Wenn betroffene Personen nicht über das verfolgte berechtigte Interesse informiert werden, kann die Verarbeitung nicht auf Art 6 Abs 1 lit f DSGVO gestützt werden.
der EuGH hier eine entscheidende Verknüpfung herstellt: Die Erklärung des berechtigten Interesses ist nicht nur eine formale Pflicht, sondern eine Grundvoraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung. Wenn Unternehmen diese Pflicht ignorieren, verlieren sie die Rechtsgrundlage für ihre Datenverarbeitung.
Konsequenzen für die Praxis
Das Urteil hat unmittelbare Auswirkungen auf die Datenschutzpraxis von Unternehmen. Die zentralen Punkte sind:
- Stärkung der Transparenz: Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie betroffene Personen klar und verständlich über den Zweck der Datenverarbeitung informieren. Insbesondere die Mitteilung über berechtigte Interessen nach Art 13 Abs 1 lit d DSGVO ist unerlässlich.
- Interessenabwägung präzisieren: Verantwortliche müssen darlegen, warum ihr berechtigtes Interesse die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen überwiegt. Diese Argumentation sollte schriftlich dokumentiert werden, um sie im Streitfall nachweisen zu können.
- Rechtmäßigkeit sichern: Unternehmen, die auf das berechtigte Interesse als Rechtsgrundlage setzen, riskieren Rechtsverstöße, wenn sie ihre Informationspflichten nicht erfüllen. Dies kann zu empfindlichen Bußgeldern führen.
Fazit
Das EuGH-Urteil verdeutlicht, dass der Gerichtshof Informationspflichten nach der DSGVO als weit mehr als einen formalen Akt ansieht. Nach Ansicht des EuGH sind sie ein integraler Bestandteil der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung. Unternehmen sollten ihre Prozesse überprüfen, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen gerecht werden. Nach Ansicht des EuGH sollte insbesondere bei der Berufung auf berechtigte Interessen die Kommunikation mit den betroffenen Personen transparent und detailliert erfolgen. Nur so können rechtliche Risiken minimiert und das Vertrauen der Kunden gestärkt werden.
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Quelle: EuGH C‑394/23