Grundsätzlich hat der Mieter die Pflicht, Mängel, die eine Reparatur durch den Vermieter erfordern, entsprechend anzuzeigen (§ 1097 ABGB). Diese Anzeigepflicht soll es dem Vermieter ermöglichen, seiner Instandhaltungspflicht nachzukommen. Sind dem Mieter entsprechende Mängel bekannt, zeigt er diese aber nicht an, kann er für den entsprechenden Zeitraum keine Mietzinsminderung verlangen. In der gegenständlichen OGH-Entscheidung erkannte der Mieter einen - letztlich gefährlichen - Mangel nicht. Kann man auch in solchen Fällen immer davon ausgehen, dass eine Mängelanzeige für eine Mietzinsminderung notwendig ist?
OGH 5 Ob 176/23b: Gefährliche Elektroanlage trotz positiven Elektrobefundes
Im gegenständlichen Fall hatten die klagenden Mieter eine Wohnung gemietet, deren Elektroinstallation trotz eines positiven Elektrobefundes tatsächlich gefährlich war. Die Mieter waren sich dessen nicht bewusst und konnten die Gefährlichkeit der elektrischen Anlage erst nach einem Brandereignis erkennen. Die Mieter verlangten schließlich für den Zeitraum bis zum Brandereignis Mietzinsminderung, weil das Mietobjekt objektiv mangelhaft war.
Das Erstgericht lehnte einen Mietzinsminderungsanspruch der Kläger bis zum Zeitpunkt des Brandereignisses ab. Die Mieter seien verpflichtet gewesen, den Mangel anzuzeigen, was jedoch nicht erfolgt sei. Das Berufungsgericht gewährte den Mietern hingegen einen Mietzinsminderungsanspruch, weil bei nicht bekannten Mängeln an der elektrischen Anlage des Mieters keine Anzeige erforderlich sei. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte diese Entscheidung.
Wann keine Mängelanzeige für eine Mietzinsminderung erforderlich ist
Eine Mietzinsminderung gemäß § 1096 ABGB ohne vorherige Anzeige des Mangels setzt voraus, dass der Mieter die Mängel des Mietobjekts unverschuldet nicht kennt. In Fällen, in denen der Vermieter als Eigentümer die Verantwortung für ein Mietobjekt trägt, das objektiv nicht dem vereinbarten Gebrauch entspricht kann also bei unverschuldeter Unkenntnis des Mieters auf eine Mängelanzeige verzichtet werden. Die Pflicht des Mieters zur Untersuchung nicht offensichtlicher Mängel, die nur theoretisch denkbar sind, kann nicht aus seiner Anzeigepflicht gemäß § 1097 ABGB abgeleitet werden.
Allerdings sollte laut OGH die Tatsache, dass der Mieter das Objekt aufgrund seiner subjektiven Unkenntnis der Gefahr weitgehend ohne Einschränkungen nutzen konnte, bei der Festlegung der Höhe des Mietzinsminderungsanspruchs angemessen berücksichtigt werden.
Fazit: Wann ist also eine Mängelanzeige für eine Mietzinsminderung notwendig?
Der Mietzinsminderungsanspruch nach § 1096 ABGB ist ein Gewährleistungsanspruch, der automatisch entsteht, wenn ein objektiver Mangel am Mietobjekt vorliegt. Ein solcher Mangel tritt insbesondere dann auf, wenn die Nutzung des Mietobjekts tatsächlich nur unter Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum möglich ist. In diesem Fall entspricht das Mietobjekt nicht dem "bedungenen Gebrauch", der grundsätzlich vorausgesetzt werden kann. Bei Mängeln, die ein durchschnittlich verständiger Mieter weder erkannt hat noch erkennen konnte, ist keine Mängelanzeige an den Vermieter erforderlich. Der Umstand, dass der Mieter das Objekt in Unkenntnis der Gefahr genutzt hat, ist bei der Höhe des Anspruchs zu berücksichtigen.
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Quelle: OGH-Homepage