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OGH 1 Ob 108/24z: Ersitzung von Geh- und Nutzungsrechten in der Landwirtschaft
OGH 1 Ob 108/24z: Ersitzung von Geh- und Nutzungsrechten in der Landwirtschaft

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in der Entscheidung 1Ob108/24z vom 19.12.2024 wesentliche Klarstellungen zum Thema Geh- und Nutzungsrechte in der Landwirtschaft getroffen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob ein seit Jahrzehnten ungestörtes Geh- und Nutzungsrecht – insbesondere im Zusammenhang mit dem Zugang zu einem Lager- bzw Stallgebäude – als unregelmäßige Grunddienstbarkeit ersessen werden kann.

Geh- und Nutzungsrechte in der Landwirtschaft

Geh- und Nutzungsrechte spielen in der Landwirtschaft eine zentrale Rolle. Sie können den Zugang zu eigenen Betriebsflächen und Gebäuden über andere Grundstücke oder eine Nutzung anderer Grundstücke etwa als Lagerfläche gewähren. Sie können vertraglich vereinbart oder durch Ersitzung erworben werden.

Wesentliche Punkte der Entscheidung

Mit seiner Entscheidung hat der OGH die Entscheidung des Berufungsgerichts korrigiert und die erstinstanzliche Entscheidung im strittigen Umfang wiederhergestellt. Inhaltlich betrifft dies insbesondere die Feststellung des Geh- und Nutzungsrechts, das der Kläger über Jahrzehnte hinweg ungehindert genutzt hatte.

Ersitzung von Dienstbarkeiten:
Der OGH bestätigt, dass langjährig ausgeübte Rechte trotz baulicher Veränderungen als unregelmäßige Grunddienstbarkeit anerkannt werden können – vorausgesetzt, sie fördern die Nutzung des herrschenden Grundstücks. Trotz baulicher Veränderungen, wie der Neuerrichtung eines Gebäudes, kann eine Ersitzung also in dem Umfang erfolgen, in dem die Rechte auch tatsächlich ausgeübt werden. Der OGH unterstreicht, dass neben dem persönlichen Nutzen für den Grundeigentümer auch der Vorteil einer verbesserten Nutzung des herrschenden Grundstücks entscheidend ist.

Abgrenzung zu Fruchtgenussrechten:
Zugleich wurde eine klare Abgrenzung zu Fruchtgenussrechten vorgenommen. Während ein umfassendes Fruchtgenussrecht in der Regel auch den Ausschluss Dritter von der Nutzung zur Folge hätte, bezog sich das entscheidungsgegenständliche Nutzungsrecht ausschließlich auf die Lagerung von Gegenständen und Fahrnissen. Diese Unterscheidung ist für die Praxis von großer Bedeutung. Sie zeigt, dass nicht jede Form der Nutzung automatisch zu einem umfassenden Fruchtgenussrecht führt.

Relevanz für Praxis und Rechtsberatung

Insgesamt zeigt die OGH-Entscheidung, dass auch bei veränderten baulichen und vertraglichen Rahmenbedingungen langjährig ausgeübte Nutzungsrechte Bestand haben können – vorausgesetzt, sie fördern nachweislich die Nutzung des herrschenden Grundstücks. Diese Erkenntnis ist nicht nur für die Rechtsanwendung, sondern auch für die zukünftige Gestaltung von Dienstbarkeiten von erheblicher Bedeutung.

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